Kommentar "Architektur & Bauforum" von Judith Eiblmayr
Der Büropark Donau - eine gelungene Kombination zwischen innovativem Management und intelligenter Architektur
Judith Eiblmayr
Klosterneuburg als eher nobles Betriebsansiedlungsgebiet vor den Toren Wiens wird dank seiner guten verkehrstechnischen Anbindung an die Stadt (Autobahn, Bus, Eisenbahn) immer attraktiver. So spekulierten auch die Manager der Firma INKU, als sie Ende der achtziger Jahre Überlegungen anstellten, am damals gewinnträchtigen Immobilienmarkt zu partizipieren.
Neben dem eigenen bestehenden Betriebsgebäude in der Schüttau, am südlichen Ende Klosterneuburgs gelegen, wurde ein weitläufiges Stück Aulandschaft erschlossen, das mit einem kommerziell ausgerichteten Bürohaus bebaut werden sollte. Keine schlechte Ausgangsposition für so ein Unterfangen, wird dem potentiellen Mieter doch neben schon erwähnter optimaler infrastruktureller Erschließung auch eine Arbeitsstätte in herrlicher Grün- und Ruhelage, direkt am Donauufer, geboten. Der Architekt Stefan K. Hübner hat aus den topographischen und betriebswirtschaftlichen Vorgaben heraus ein Konzept entwickelt, das so überzeugend in Architektur umgesetzt wurde, dass an der Stimmigkeit des ganzen Projekts kaum Zweifel aufkommen können.
Basis dieses Konzeptes ist eine großzügige städtebauliche Lösung; durch eine U-förmige Bebauung vis-à-vis des INKU-Gebäudes wird ein großes gemeinsames Areal begrenzt - 130 x 130 m - dessen Zentrum ein Grünraum mit Aubaumbestand ist. Das Schlendern über diesen wohltuend großdimensionierten Platz lässt sofort Assoziationen zu einem amerikanischen Campus aufkommen, was sicherlich kein Zufall ist. Die Bebauung selbst ist in neun Blöcke gegliedert, wobei die einzelnen Sektoren durch transparente Stiegenhäuser verbunden werden, die wie gläserne Keile die Horizontale der Fassade unterbrechen. An der Außenseite sind die Bürohäuser dreigeschossig, an der Innenseite wurde die Hälfte des 3. OG geopfert, um in den Park orientierten und ebenfalls begrünten Dachterrassen Platz zu machen. Arch. Hübner wollte mit dieser "schlüsselförmigen Ausbildung der Anlage einen kontinuierlichen Übergang zwischen Arbeitsplatz und Grünraum schaffen". Das ist ihm zweifellos gelungen; allein die Vorstellung, auf einer der Terrassen die Mittagspause zu verbringen und dabei den Blick in die Baumwipfel des Parks oder auf den Rücken des Leopoldsberges zu genießen, erfrischt einen für den restlichen Arbeitstag.
Jeder einzelne Block ist praktisch als "Reihenbürohaus" konzipiert. Nachdem den jeweils unterschiedlichen Bedürfnissen der späteren Mieter adäquater Raumbedarf geboten werden muss, war die einzige Vorgabe für die "Grundausstattung" die Möglichkeit zur flexiblen Grundrissgestaltung. Und das nicht nur in einer Ebene, sondern auch in der Vertikalen. So kann sich eine Firma z.B. über drei Geschosse ausbreiten, die über eine interne Treppe miteinander verbunden werden. Je nach Büroflächenbedarf der Nutzer können die Deckendurchbrüche auch geschlossen werden. Einziger Fixpunkt in den Stahlbetonskeletten sind die zentrierten Nasszellen, jegliche Raumaufteilung erfolgt nachträglich über Leichtbauwände, Elektro- usw. -installationen können im doppelten Boden und in den abgehängten Decken beliebig verändert werden.
Der Wunsch, die Betriebskosten für die Mieter möglichst gering zu halten, führte zu einer ökologisch sinnvollen Lösung bei der Energieversorgung. Die 15.000 m² Bürofläche werden über Fancoilgeräte mit Energie aus Wärmepumpen beheizt und gekühlt. All diese beschriebenen funktionellen Aspekte beschreiben relativ trocken die guten Lösungen aus kommerzieller Sicht. Das wirklich Besondere an diesem Büropark ist jedoch, dass auch die Ästhetik des Gebäudes genau diese Funktionalität und Einfachheit in der Grundstruktur, der die Gebrauchsarchitektur verpflichtet ist, auszudrücken vermag, ohne "einfach", im Sinne von billig oder fad, zu wirken. Vor allem die äußere, von oben nach unten leicht kippende Fassade mit ihren horizontalen Metall- und Fensterbändern wird durch funktionsorientierte, aber formal durchdachte Details - fixe Sonnenschutzlamellen und gelb lackierte offene Regenrinnen - zum Aushängeschild aufpoliert. In ihren Grundmaterialien übrigens eine billige Fassade, wie sie bei den benachbarten 08/15-Gewerbebauten auch verwendet, nur weniger intelligent eingesetzt wurde. Die innere, dem Park zugewandte Fassade ist nur aus Glas - teilweise Sonnenschutzglas - und gibt den Bäumen somit eine breite Fläche zur Spiegelung.
Vernimmt man bei einem zu planenden Mietobjekt das Wort "Gewinnmaximierung", läuten üblicherweise die Alarmglocken, scheint doch dabei wenig Platz für gute Architektur zu sein. Dieses Vorurteil ist anhand dieses Projekts zu widerlegen, und zwar nicht nur zu Gunsten einer ästhetisch anspruchsvollen, sondern auch ihr ökologisches Umfeld nutzenden Architektur. Sobald nämlich auch der Mensch als wesentlicher Faktor in einer Kosten-Nutzen-Rechnung nicht nur aufscheint, sondern in seiner Menschlichkeit ernst genommen wird, ergibt sich zwangsläufig ein menschlicher Arbeitsplatz.
Denn in erster Linie lebt der Mensch auch während der Arbeit, und je wohler er sich fühlt, um so besser lebt und - in der Folge - arbeitet er. Eine eigentlich ganz einfache Rechnung, die am ehesten dann aufgeht, wenn man Arbeitsplätze bietet, die nicht nur Leistung abverlangen, sondern auch Möglichkeit zur Regeneration und zur Identifikation geben. Wie erreicht man das besser, als mit funktionierender, identifikationswürdiger Architektur?
Architektur & Bauforum Nr. 159/1993